Unter dem Begriff ‚Judenverfolgung‘ versteht man die systematische Ausgrenzung und Verfolgung jüdischer Menschen, wie sie ab 1933 von den Nationalsozialisten betrieben wurde.
Den Anfang dieser Ausgrenzungs- und Verfolgungsmaßnahmen markierte die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ (‚Reichstagsbrandverordnung‘), mit der am 28. Februar 1933 die Grundrechte der Verfassung der Weimarer Republik außer Kraft gesetzt wurden. Diese Verordnung bildete zudem die Grundlage für das Instrument der ‚Schutzhaft‘, mit dem politische Gegner*innen, aber auch jüdische Menschen vollkommen willkürlich, ohne rechtsstaatlichen Rahmen, inhaftiert werden konnten. In der Folgezeit kam es zu physischer Gewalt durch die ‚Gestapo‘, die SA und die SS. Durch das ‚Ermächtigungsgesetz‘ vom 23. März 1933 war die nationalsozialistische Regierung dazu befähigt, ohne die Zustimmung des Parlamentes Gesetze und Verordnungen zu erlassen. Insgesamt wurden in den Jahren von 1933 bis 1945 mindestens 2.000 antisemitische Gesetze und Verordnungen erlassen. Zu nennen sind hier das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933, mit dem NS-kritische und jüdische Beamte aus dem Dienst entlassen wurden, oder das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ vom 15. September 1935, mit dem unter anderem Ehen zwischen ‚arischen‘ und ‚nicht-arischen‘ Menschen verboten wurden.
Das anfängliche Ziel der antisemitischen NS-Politik war zunächst die Enteignung und Vertreibung der Jüdinnen*Juden aus dem NS-Staatsgebiet. Der Großteil der deutschen Bevölkerung nahm diese antisemitischen Vorgänge auch als solche hin. Viele Menschen konnten sogar davon profitieren, da sie im Rahmen der sogenannten ‚Arisierung‘ Arbeitsplätze, Unternehmen, Wohnungen, Möbel usw. erhielten, die Jüdinnen*Juden weggenommen worden waren. Die ‚Nürnberger Gesetze‘, die am 15. September 1935 verabschiedet wurden und jüdischen Menschen sämtliche Bürgerrechte absprachen, sowie das Novemberpogrom 1938 stellten weitere Schritte in der Verdrängung und Ausgrenzung der Jüdinnen*Juden aus der Gesellschaft dar. Das NS-Regime tolerierte nicht nur physische Gewalt gegenüber der jüdischen Minderheit, sondern strebte diese auch aktiv an. Teil der Judenverfolgung war auch die ab 1939 durchgesetzte zwangsweise Umquartierung in sogenannte ‚Judenhäuser‘. Ab dem 1. September 1941 zwangen die Nationalsozialisten jüdische Menschen, sich mit einem gelben ‚Judenstern‘ zu kennzeichnen. In diesem Jahr veränderte sich die NS-Politik gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Hatten die Nationalsozialisten bis 1941 noch die Vertreibung der jüdischen Menschen aus dem Deutschen Reich betrieben, verfolgten sie ab dem 23. Oktober 1941 das Ziel der Vernichtung des europäischen Judentums. Ab diesem Tag galt ein Ausreiseverbot; eine Flucht oder Emigration wurden so nahezu unmöglich. Fortan dienten die ‚Judenhäuser‘ den Nationalsozialisten dazu, die systematischen Deportationen jüdischer Menschen zu organisieren. Die erste Massendeportation von jüdischen Mainzer*innen fand am 25. März 1942 statt. An diesem Tag wurden über 1.000 hessische Jüdinnen*Juden von Darmstadt in das Ghetto und Durchgangslager Piaski bei Lublin (in Ostpolen) deportiert. Unter ihnen waren 467 Mainzer*innen.
Literaturhinweise:
Benz, Wolfgang: Einleitung, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Vorurteil und Genozid. Ideologische Prämissen des Völkermords. Wien/ Köln/ Weimar 2010, S. 7–14.
Brüchert, Hedwig: Nationalsozialistischer Rassenwahn. Entrechtung, Verschleppung und Ermordung der Mainzer Juden, Sinti und geistig behinderten Menschen, in: Stadt Mainz (Hrsg.): Der Nationalsozialismus in Mainz 1933–45. Terror und Alltag (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 36) Mainz 2008, S. 79–92.
Dörner, Berwand: Der Holocaust – die „Endlösung der Judenfrage“, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Vorurteil und Genozid. Ideologische Prämissen des Völkermords. Wien/ Köln/ Weimar 2010, S. 87–118.
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