Heinrich Claß

Heinrich Claß gehörte 1894 zu den Gründungsmitgliedern des völkisch-nationalistischen „Deutschbundes“ und war von 1908 bis 1939 Vorsitzender des radikal nationalistischen und völkisch-rassistischen „Alldeutschen Verbandes“.

Claß wurde am 29. Februar 1868 in Alzey geboren. Nach dem Jurastudium, Referendariat und Zweitem Staatsexamen ließ er sich 1895 als Rechtsanwalt und Notar in Mainz nieder. 1897 wurde Claß Mitglied im „Alldeutschen Verband“, dessen stellvertretender Vorsitzender er 1904 wurde, ehe er 1908 den Vorsitz des Verbandes übernahm. In dieser Funktion forderte er eine starke territoriale Expansion des Deutschen Reiches durch eine Kriegsführung gegen Frankreich und England.

Darüber hinaus war Claß auch schriftstellerisch tätig: Unter dem Pseudonym Einhart veröffentlichte er 1909 seine „Deutsche Geschichte“, die bis in die NS-Zeit hinein mit insgesamt 19 Auflagen eine weite Verbreitung erlebte. Sein politisches Programm legte er, diesmal unter dem Pseudonym Daniel Fryman 1912 im Pamphlet „Wenn ich der Kaiser wär‘. Politische Wahrheiten und Notwendigkeiten“ dar. Darin enthalten: rassistischer Antisemitismus, völkisch und darwinistisch geprägte Lebensraumvorstellungen, Abschaffung des allgemeinen Reichstagswahlrecht ‚für alle’. Der ideale Nährboden für den Nationalsozialismus existierte so bereits vor dem Ersten Weltkrieg. Claß‘ Pamphlet wurde bis 1914 in insgesamt fünf Auflagen zu 25.000 Stück verkauft und öffentlich breit diskutiert.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs floh Claß aus dem französisch besetzten Mainz nach Würzburg und zog schließlich nach Berlin. Im Februar 1919 verfasste er die „Bamberger Erklärung“, in der Rassismus und Antisemitismus offiziell zum weltanschaulichen Leitbild des „Alldeutschen Verbandes“ wurden. Politisches Ziel war die Abschaffung der Weimarer Republik und die Errichtung einer ‚nationalen Diktatur‘. Zwischen 1920 und 1922 fanden einige Treffen zwischen Heinrich Claß und Adolf Hitler statt. Doch trotz der anfänglichen Unterstützung Hitlers durch Claß, lehnten die putschbereiten Kräfte um Adolf Hitler, Claß‘ alldeutschen Führungsanspruch ab. Vom Hitler-Putsch 1923 distanzierte sich Claß, da er befürchtete wegen Hochverrats angeklagt zu werden. Ein Jahr später wurde er jedoch verdächtigt, einen Mordanschlag auf den Chef der Reichswehr, Hans von Seeckt, geplant zu haben. Das anschließende Gerichtverfahren wurde jedoch eingestellt. 1926 wurde eine Voruntersuchung wegen des Verdachts der Vorbereitung eines Hochverrats gegen Heinrich Claß und weitere Alldeutsche eröffnet. Diese wurde jedoch 1927 mangels Beweisen wieder geschlossen; es kam zu keiner Hauptuntersuchung. 1931 beteiligte sich Heinrich Claß an der Bildung der nationalistischen „Harzburger Front“, in der er allerdings keine tragende Rolle mehr übernahm. Zwischen 1933 und 1945 wurde Claß Mitglied im Reichstag; soweit bekannt trat er nicht in die NSDAP ein, war im Reichstag aber als Gast der NSDAP-Fraktion tätig.

1939 wurde der „Alldeutsche Verband“, der bis dahin von der NS-Bewegung geduldet worden war, aufgelöst. Anschließend trat Heinrich Claß nicht mehr politisch in Erscheinung. Über seinen Werdegang nach 1945 ist nichts bekannt. Am 16. April 1953 starb er in Jena, wo er bei seiner Tochter gelebt hatte.


Literaturhinweise:

Erbar, Ralph: Dr. Heinrich Claß (1868–1953) – ein Wegbereiter des Nationalsozialismus?, in: Meyer, Hans-Georg/ Berkessel, Hans (Hrsg): Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, Bd. 1 „Eine nationalsozialistische Revolution ist eine gründliche Angelegenheit.“,. Mainz 2000, S. 41–49.

Graefe, Thomas: Heinrich Claß, in: Regionalgeschichte-Bibliothek, <URL: https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/class-heinrich.html> [aufgerufen am 15.03.2021].

Leicht, Johannes: Heinrich Claß 1868–1953, in: LeMo-Biografien, Lebendiges Museum Online, <URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/heinrich-class> [aufgerufen am 15.03.2021].


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