Als ‚frühe Konzentrationslager‘ bezeichnet man Lager, die bereits 1933, also unmittelbar nach der ‚Machtübernahme‘ Adolf Hitlers, im nationalsozialistischen Deutschen Reich provisorisch eingerichtet wurden. In Osthofen in der Nähe von Worms am Rhein befand sich zwischen 1933 und 1934 ein solches Lager.
In den Gebäuden einer ehemaligen Papier- und Pappdeckelfabrik entstand kurz nach der ‚Machtübernahme‘ der Nationalsozialisten das KZ Osthofen. Hier wurden von März 1933 bis Sommer 1934 Gegner*innen des nationalsozialistischen Regimes inhaftiert, allen voran Mitglieder der KPD und SPD, Gewerkschafter, aber auch Angehörige des Zentrums, Jüdinnen*Juden, Zeugen Jehovas und Sinti. Angeordnet wurde die Einrichtung dieses ‚frühen Konzentrationslagers‘ durch den Staatskommissar für das Polizeiwesen im Volkstaat Hessen – Dr. Werner Best. Auf der Grundlage der am 28. Februar 1933 erlassenen ‚Verordnung zum Schutz von Volk und Staat‘ (‚Reichstagsbrandverordnung‘) ordnete Best zum 1. Mai 1933 die Schaffung eines Konzentrationslagers in Osthofen an. Bereits Anfang März war das Gebäude der ehemaligen Papierfabrik jedoch schon als KZ genutzt worden, so kamen die ersten Häftlinge hier Anfang März 1933 an. Das Konzentrationslager Osthofen wurde von den Nationalsozialisten auch ‚Erziehungs- und Besserungsanstalt‘ genannt. Der Öffentlichkeit präsentierte man, dass die politischen Gegner*innen Unruhestifter*innen seien, Kriminelle, denen man die Möglichkeit zur Besserung geben müsse.
Die Nationalsozialisten verfolgten mit diesem Lager jedoch nur ein Ziel: politische Gegner*innen des Nationalsozialismus und Menschen, die nicht zur sogenannten ‚Volksgemeinschaft‘ gehören sollten, abzuschrecken und mundtot zu machen. Dazu stand ihnen nicht nur das Hauptlager in Osthofen zur Verfügung, sondern auch noch ein Lager II (Holzmühle), für den sogenannten ‚verschärften Arrest‘. An diesem Ort wurden die Osthofener Häftlinge systematisch gefoltert.
Im Gegensatz zu anderen Konzentrationslagern, wie z. B. Dachau oder Buchenwald, gab es im KZ Osthofen keine Todesfälle. Auch Häftlingskleidung gab es im Osthofener KZ noch nicht. Die Häftlinge trugen in ihrer Haftzeit, die im Durchschnitt zwei bis vier Wochen betrug, die Kleidung, die sie bei ihrer Verhaftung trugen.
Der Alltag der Häftlinge im KZ Osthofen bestand meist aus vollkommen sinnlosen Arbeiten, wie z. B. Nägel gerade und krumm schlagen. Diese Arbeiten sollten vor allem der Schikane und der Demütigung der Häftlinge dienen. Wie es den Häftlingen im Lager erging, hing sehr stark von der Willkür der Wachen (SA- und SS-Männer) ab.
Nachdem das Lager im Sommer 1934 wieder geschlossen wurde, stand das Gebäude zunächst leer, ehe die Eheleute Bühner 1936 das Gelände ersteigerten und hier eine Möbelfabrik einrichteten. Diese Fabrik war bis 1976 in dem ehemaligen Konzentrationslager untergebracht. Erst danach kamen Diskussionen auf, ob das ehemalige KZ eine Gedenkstätte werden soll.
1991 erwarb das Land Rheinland-Pfalz das Gebäude und beauftragte die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz mit der Entwicklung einer Konzeption für eine Gedenkstätte. Seit 2004 ist in dem Gebäude eine Dauerausstellung zu sehen und Besucher*innen können an Führungen über das Gelände teilnehmen.
Literaturhinweise:
Arenz-Morch, Angelika: Das Konzentrationslager Osthofen 1933/34, in: Meyer, Hans-Georg & Berkessel, Hans (Hrsg.): Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, Bd. 2: „Für die Außenwelt seid ihr tot!“, Mainz 2000, S. 32–51.
Arenz-Morch, Angelika: Das KZ Osthofen 1933/34 – Ein Überblick, in: Arenz-Morch, Angelika & Heinz, Stefan (Hrsg.): Gewerkschafter im Konzentrationslager Osthofen 1933/34. Biografisches Handbuch, Metropol, Berlin 2019 (Gewerkschafter im Nationalsozialismus. Verfolgung – Widerstand – Emigration, Bd. 8), S. 11–52.
Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Die Gedenkstätte KZ Osthofen (Blätter zum Land Rheinland-Pfalz, Extra Ausgabe), Mainz 2019
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