Im polnischen Auschwitz befand sich während des Zweiten Weltkriegs ein von den Nationalsozialisten eingerichtetes Konzentrations- und Vernichtungslager. Der kleine polnische Ort Oświęcim (deutsch: Auschwitz), befindet sich im Süden des heutigen Polen und liegt dort südlich von Katowice (deutsch: Kattowitz), und westlich von Kraków (deutsch: Krakau). Zwischen 1940 und 1945 wurden im Vernichtungslager Auschwitz mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet, wovon etwa eine Million Jüdinnen*Juden waren. Insgesamt ermordeten die Nationalsozialisten mehr als sechs Millionen Jüdinnen*Juden aus ganz Europa.
Das Lager Auschwitz war ein Lagerkomplex, bestehend aus dem Konzentrationslager Auschwitz I, dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau II und dem Konzentrationslager Monowitz. Zusätzlich gehörten noch weitere etwa 50, Außenlager zu dem Lagerkomplex Auschwitz. Im Stammlager Auschwitz I waren vor allem sowjetische Kriegsgefangene und Frauen inhaftiert, in Auschwitz-Birkenau waren die Gaskammern und Krematorien sowie das Ende der Schienen für die ankommenden Deportationszüge. Im Lager Monowitz mussten vor allem jüdische Häftlinge erschöpfende Zwangsarbeit auf dem Gelände der I. G. Farbenindustrie AG leisten. Das Lager Auschwitz bestand von Mai 1940 bis Januar 1945 im besetzten Polen und umfasste eine Fläche von 40 Quadratkilometern.
Bereits nach der Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad im Januar 1943 gab es in der NS-Führungsspitze Überlegungen, wie das Lager beim Heranrücken der gegnerischen Truppen zu räumen sei. Der SS-Chef Heinrich Himmler änderte in den letzten Kriegsjahren oftmals seine Strategie. Entweder wollte er das Lager verteidigen oder er wollte es auflösen. Dabei spielte einerseits die Verschonung der Inhaftierten zugunsten einer glücklicheren Verhandlungsposition gegenüber den Alliierten und andererseits der angebliche Schutz der Zivilist*innen vor den inhaftierten Personen abwechselnd eine mal mehr und mal weniger wichtige Rolle. Bereits im Sommer 1944 bis Januar 1945 wurden etwa 65.000 Inhaftierte Richtung Westen verbracht, um dort die deutsche Rüstungsindustrie mit ihrer Arbeitskraft unterstützen zu können. Ebenfalls bereits ab Juli 1944 wurde die Räumung von Auschwitz vorbereitet, da zu diesem Zeitpunkt die rote Armee bereits das Lager Majdanek nördlich von Kattowitz erreicht hatte. Trotz der Räumungspläne kamen im Sommer und Herbst 1944 noch jüdische Massendeportationszüge in Auschwitz an. Mit der dennoch parallellaufenden Räumung des Lagers befanden sich am 17. Januar 1945 noch 42.000 Inhaftierte in den drei Hauptlagern Auschwitz und zusätzlich 25.000 Häftlinge in den Außenlagern. Die einzige Bahnverbindung von und nach Auschwitz war lediglich eingleisig gebaut, sodass die 56.000 bis 58.000 Inhaftierten, die marschfähig waren, nicht in Massentransporten aus Auschwitz nach Gleiwitz und Loslau, zwei etwa 50 und 60 Kilometer entfernte und westlich von Auschwitz gelegene Eisenbahnknotenpunkte, gebracht werden konnten. Daher mussten die Häftlinge in einzelnen Gruppen von etwa 1.000 bis 2.500 Personen zu Fuß diesen schlimmen, von der SS überwachten und vorangetriebenen, sogenannten ‚Todesmarsch’ antreten. Für diejenigen Häftlinge, die zwischen dem 19. und dem 23. Januar 1945 Gleiwitz und Loslau lebend erreichten, waren die Strapazen ihrer Verlegung noch nicht vorbei. Einige von ihnen mussten direkt im Anschluss in das 200 Kilometer entfernte Lager Groß-Rosen marschieren und die anderen Häftlinge mussten bei Minusgraden in offenen Eisenbahnwaggons ausharren und wurden in westlich gelegene Lager transportiert, so etwa Buchenwald, Dachau, Mittelbau-Dora oder auch Mauthausen. Schätzungen zufolge kamen zwischen 9.000 und 14.000 Häftlinge bei diesen ‚Todesmärschen’ aus Auschwitz ums Leben.
Die Nationalsozialisten vernichteten bereits vor 1945 viele Dokumente, um den Genozid an den Jüdinnen*Juden weitestgehend zu vertuschen. Bereits im Herbst 1944 begann man mit der Zerstörung der Krematorien in Auschwitz-Birkenau und das vierte und letzte Krematorium wurde in der Nacht auf den 26. Januar 1945 durch Sprengung zerstört. Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz von der sowjetischen Armee befreit und die im Lager verbliebenen 7.500 Häftlinge erhielten ihre Freiheit zurück. Insgesamt starben auf den sogenannten ‚Todesmärschen’ von den im Jahr 1945 verbliebenen 700.000 Häftlingen circa 200.000 bis 350.000 Menschen. Da diese ‚Todesmärsche’ auch durch Ortschaften gingen und viele Leichen in den Gräben am Wegesrand entlang der Marschrouten liegenblieben, kann dieses grausame letzte Verbrechen an der Menschlichkeit durch die Nationalsozialisten, eines von sehr vielen, der Bevölkerung nicht verborgen geblieben sein.
Auch der am 28. September 1891 in Neuwied geborene Otto Hirsch wurde nach Auschwitz deportiert. Seine Deportation erfolgte am 8. April 1943 und er wurde am 25. August desselben Jahres ermordet. Von den über 240 Opfern des Nationalsozialismus, die in Mainz einen Stolperstein haben, wurden etwa 25 von ihnen genauso wie Otto Hirsch ins polnische Auschwitz deportiert. Doch auch schon 1942 wurden zahlreiche Menschen aus Rheinland-Pfalz und insbesondere den Regionen Mainz, Alzey, Bingen und aus Hessen nach dem Generalgouvernement Polen deportiert. Anhand handschriftlicher Notizen Michel Oppenheims wurden demnach zwischen dem 19. und dem 23. September 1942 zunächst Menschen aus Mainz in die Liebig-Schule Darmstadt verbracht, am 20. September Menschen aus Bingen und den umliegenden Landgemeinden und schließlich am 24. September Menschen aus Alzey und Worms mit den dazugehörigen Landgemeinden. Insgesamt wurden am 29. September 1942 883 Jüdinnen*Juden aus dem hessischen Darmstadt mit zusätzlichen 41 Menschen aus Baden in das besetzte Polen deportiert. Wohin genau dieser Deportationszug ging, lässt sich nicht mehr feststellen, vermerkt ist hier als Deportationsziel lediglich das Generalgouvernement. Da es neben dem Lager Auschwitz noch viele weitere Lager im besetzten Polen gab, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, in welches oder in welche Lager diese Deportation aus Darmstadt ging. Aus Mainz selbst wurden 178 Personen, sowie eine Person aus dem heute zu Mainz gehörenden Hechtsheim, folglich 179 Personen, von Darmstadt aus gen Osten deportiert.
Literaturhinweise:
Brüchert, Hedwig: Nationalsozialistischer Rassenwahn. Entrechtung, Verschleppung und Ermordung der Mainzer Juden, Sinti und geistig behinderten Menschen, in: Stadt Mainz (Hrsg.): Der Nationalsozialismus in Mainz 1933–45. Terror und Alltag (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 36), Mainz 2008, S. 79–92.
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Paál, Gábor: Holocaust. 6 Millionen ermordete Juden – Woher stammt diese Zahl? In: SWR Wissen. Bearbeitungsstand: 27. Januar 2020. URL: https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/6-millionen-holocaust-opfer-woher-stammt-diese-zahl-100.html [aufgerufen am 03.02.2021].
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