Familie Höxter


Kennkarte Elias Höxters

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Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, B. 5/1, Abt. IV, Nr. 685


Elias Höxter

  • Geboren am 8. September 1862 in Gemünden an der Wohra
  • Deportiert nach Theresienstadt am 27. September 1942, ermordet am 18. Oktober 1942 in Theresienstadt

Simon Höxter

  • Geboren am 25. November 1890 in Gemünden an der Wohra
  • Deportiert nach Buchenwald am 22. Mai 1941, ermordet am 11. August 1942 in Buchenwald


Pogromnacht – Deportationen nach Buchenwald

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fanden im gesamten Deutschen Reich Pogrome gegen Jüdinnen*Juden statt. Diese sogenannte ‚Novemberpogromnacht’ wurde von den Nationalsozialisten auch zynisch als ‚Reichskristallnacht’ bezeichnet. Verwüstet wurden Synagogen, Wohnungen und Geschäfte von Jüdinnen*Juden und es kam zu Misshandlungen der jüdischen Bevölkerung durch die SA und viele Anhänger*innen des NS-Regimes. Anlass und vorgeschobene Begründung dafür war der Anschlag auf den Botschaftsrat Ernst Eduard vom Rath, der nach dem vom 17-jährigen Juden Herschel Grünszpan in Paris verübten Attentat seinen Verletzungen erlegen war. Auch in Mainz verursachte das Novemberpogrom großes Leid für die jüdische Bevölkerung. Die orthodoxe Synagoge in der Flachsmarktstraße/Ecke Margarethenstraße wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 von den Nationalsozialisten verwüstet und durch Feuer stark beschädigt. Ebenso wurde die Mainzer Hauptsynagoge in der Hindenburgstraße/Ecke Josefsstraße in dieser Nacht geplündert und in Brand gesetzt. Die Hauptsynagoge brannte gemeinsam mit der angrenzenden jüdischen Bezirksschule, der Bibliothek und der Verwaltung nieder. Die Feuerwehr durfte den Brand nicht löschen und war lediglich vor Ort, um ein Übergreifen der Flammen auf umliegende Gebäude zu verhindern. Am 17. November 1938 wurden die Reste der Synagoge gesprengt, wobei die jüdische Gemeinde Mainz für die Kosten der Sprengung und die sich anschließenden Aufräumarbeiten aufkommen musste. Die ‚Gestapo’ verhaftete infolge des Novemberpogroms zahlreiche männliche Juden, um sie anschließend in Konzentrationslager wie Buchenwald und Dachau zu deportieren. In den Lagern wurden auch die Mainzer Juden über mehrere Wochen inhaftiert, gequält und misshandelt. Auch Simon Höxter, der Neffe Elias Höxters, wurde infolge der Novemberpogromnacht, wie viele andere Mainzer Juden, in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert, wo er erst im Dezember 1938 wieder entlassen wurde.


Elias Höxter wurde 1862 in Gemünden an der Wohra geboren, war Kaufmann und kam 1896 nach Mainz. 1901 stieg er hier als Mitinhaber in die Textilhandlung J. B. Hamburg ein, die er 1918 übernahm.

Simon Höxter, 1890 ebenfalls in Gemünden an der Wohra geboren, war sein Neffe, der Sohn seines Bruders Seligmann. Er erlernte zunächst das Schuhmacherhandwerk, arbeitete später im Kaufmannsberuf und kam 1924/25 nach Mainz, wo er Mitinhaber in der Firma seines Onkels wurde. Im Ersten Weltkrieg hatte er als Soldat gedient.

Elias Höxter wohnte seit 1931 in der Boppstraße 8 und ließ seinen Vornamenseintrag 1934 in „Emil“ ändern, um als Jude angesichts zunehmender Repressionen nicht so schnell erkannt zu werden. 1938 endete der Firmeneintrag J. B. Hamburg in den Verzeichnissen. Wahrscheinlich musste die Textilhandlung unter dem Druck des NS-Regimes geschlossen werden, eine ‚Arisierung’ ist nicht aktenkundig belegt.

Simon Höxter wurde im September 1938 wegen angeblicher ‚Devisenvergehen’, wie sie Jüdinnen*Juden häufig vorgeworfen wurden, über zwei Wochen lang von den NS-Behörden in der Mainzer Haftanstalt inhaftiert. Ein Prozess erfolgte nicht. Im Zuge des Pogroms am 9./10. November 1938 deportierte man ihn – wie so viele jüdische Männer nach dieser Nacht – in das KZ Buchenwald. Seine Entlassung erfolgte am 12. Dezember desselben Jahres. Doch die vermeintliche „Freiheit“ dauerte nur zwei Jahre, in denen er wie die meisten jüdischen Männer zu Arbeitseinsätzen zwangsverpflichtet worden war. Wo Simon Höxter als Zwangsarbeiter tätig war, ist nicht dokumentiert.

1940 zog Simon Höxter mit seinem damals 78-jährigen Onkel in die Flachsmarktstraße 26. Am 26. November jenes Jahres setzte man ihn in der Haftanstalt Darmstadt fest, entließ ihn aber am 17. Dezember wieder. Eine erneute Inhaftierung erfolgte vom 29. April bis zum 16. Mai 1941. Am 22. Mai überstellte das NS-Regime ihn abermals in das KZ Buchenwald. Grund waren angebliche „Differenzen im Betrieb“, die aber nicht genauer benannt wurden – die Inhaftierung erfolgte offensichtlich als reine Schikane. Im KZ Buchenwald wurde er einem Arbeitskommando zugeteilt.

Von den kleinen Geldsendungen seines Onkels Elias gab Simon Höxter einen Teil als Spende für Reparaturen in Block 41 des KZ Buchenwald ab, in dem er untergebracht war. In Mainz setzte Elias Höxter alles in Bewegung, um die Freilassung seines Neffen zu erreichen, doch alle seine Bemühungen blieben erfolglos. Die Gestapo reagierte mit der Feststellung, dass „weitere Eingaben zwecklos“ seien.

Inzwischen hatten die Nazis Elias und Simon Höxter in das ‚Judenhaus’ in der Adam-Karrillon-Straße 54 auf engstem Raum einquartiert, wohin Simon Höxter allerdings nie zurückkehrte. Am 11. August 1942 starb er im Häftlingskrankenbau des KZ Buchenwald an den Folgen der KZ-Haft.

Elias Höxter wurde am 27. September 1942 in das Getto Theresienstadt deportiert und verstarb dort am 18. Oktober im Alter von 80 Jahren aufgrund der menschenunwürdigen Bedingungen.

In der Buchenwald-Kartei mit Simon Höxters persönlichen Dingen, die er bei seiner Einlieferung hatte abgeben müssen, hat die Lagerleitung vermerkt: „Der Nachlass wurde am 29. September 1942 an die Kripostelle Mainz zur Aushändigung an den Onkel des Verstorbenen gesandt.“ Der Empfänger allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits deportiert.


Foto: HdE

Verfasserin: Renate Knigge-Tesche

Redaktionelle Bearbeitung: HdE


Literaturhinweise:

Knigge-Tesche, Renate: Simon Höxter, in: Knigge-Tesche, Renate und Brüchert, Hedwig (Hrsg.): Der Neue Jüdische Friedhof in Mainz. Biographische Skizzen zu Familien und Personen, die hier ihre Ruhestätte haben (Sonderheft der Mainzer Geschichtsblätter). Mainz 2013, S. 128–132.



Die Stolpersteine wurden am 17. April 2019 in der Flachsmarktstraße 26 verlegt.

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