Beginn der Deportationen Mainzer Jüdinnen*Juden nach Piaski

Im Jahr 2022 jähren sich zum 80. Mal die Massendeportationen jüdischer Mainzer*innen in osteuropäische Durchgangs- und Vernichtungslager.

In Mainz fand die erste große Deportation nach vorausgegangener Entrechtung, Ausgrenzung und Beraubung im März 1942 statt. Am 25. März fuhr ein Sonderzug der Reichsbahn mit mehr als 1.000 Jüdinnen*Juden aus Darmstadt ab, davon kamen 467 aus Mainz. Hier waren sie in den Tagen zuvor aus ihren Wohnungen geholt und in der Turnhalle der Feldbergschule gesammelt worden. Sie durften nur einen Koffer oder Rucksack bis zu einem Gewicht von höchstens 50kg und 50 Reichsmark mitnehmen. Um den Hals mussten sie sich ein Schild mit Namen, Geburtsdatum und ihrer Kenn-Nummer hängen. Von der Turnhalle wurden sie zum Mainzer Güterbahnhof an der Mombacher Straße gebracht und zunächst nach Darmstadt transportiert.

Ziel des Sonderzugs aus Darmstadt war das Ghetto Piaski bei Lublin im von deutschen Truppen besetzten Polen. In diesem Lager herrschten katastrophale Zustände. Die Menschen hungerten, Cholera- und Typhusepidemien forderten viele Todesopfer. Arbeitsfähige Jüdinnen*Juden mussten Zwangsarbeit leisten, viele starben vor Erschöpfung. Bis Anfang Mai gelangten noch einige Postkarten mit der Bitte um Lebensmittelsendungen nach Mainz, dann wurde der Postverkehr von der Gestapo verboten. Wenige Wochen später wurden die noch Lebenden weiter in die Vernichtungslager Majdanek und Sobibor verschleppt und dort ermordet.
Unter den deportierten Mainzer*innen waren auch Ernst und Sofie Wertheimer, die Eltern der Schriftstellerin Lotte Kramer, die ihre Geschichte in zahlreichen Gedichten verarbeitete.

Ende September 1942 folgten weitere Transporte. Die Nachricht von den bevorstehenden Deportationen hatte sich herumgesprochen; etliche der Betroffenen begingen Suizid. Am 27. September wurden dann 453 zumeist ältere Menschen in das Lager Theresienstadt bei Prag im sogenannten „Protektorat Böhmen-Mähren“ gebracht. Man hatte ihnen einen „Altersruhesitz für Juden“ versprochen. In Wirklichkeit mussten sie in völlig überfüllten Unterkünften unter den schlimmsten hygienischen Verhältnissen leben. Viele Menschen starben an Seuchen oder Unterernährung. Um Platz für Neuankömmlinge zu schaffen, rollten immer wieder Transporte aus Theresienstadt nach Auschwitz in die Gaskammern.

Am 30. September wurden nochmals 883 hessische Jüdinnen*Juden, darunter 178 aus Mainz, direkt in die Vernichtungslager Auschwitz oder Treblinka deportiert. Sie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.

Heute, am Tag der ersten Deportationen jüdischer Mainzer*innen, wollen wir an diese Verbrechen an Bürger*innen unserer Stadt erinnern, die vor nunmehr 80 Jahren hier begannen. Diese Menschen dürfen nicht in Vergessenheit geraten! Daher gedenken wir ihrer im „Raum der Namen“ im Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz – ganz besonders an Tagen wie diesem.

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