‚Machtergreifung‘

Die ‚Machtergreifung‘ war die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Daran schloss sich die Umwandlung der parlamentarischen Demokratie in eine Diktatur an.

Die Nachricht über die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler verbreitete sich in Mainz sehr schnell und wurde viel diskutiert. Die Mainzer*innen erhofften sich, vor den Zeitungsgebäuden an neue Informationen zu kommen. Vor dem Verlagsgebäude der Volkszeitung versuchten Kommunist*innen, gemeinsam mit Sozialdemokrat*innen, eine Demonstration zu starten. Gegen Nachmittag kam dieser Demonstrationszug zustande. Kommunist*innen forderten durch Sprechchöre in einem Straßenzug dazu auf, sich zu einer Kundgebung am Halleplatz zu versammeln. Es versammelten sich insgesamt schätzungsweise 2.000 bis 3.000 Teilnehmer*innen. Eine Gegendemonstration der NSDAP versammelte sich gegen 20.30 Uhr am Binger Schlag zu einem Fackelzug. Die beiden Gruppen trafen vor der Polizei-Wache am Kaiser-Wilhelm-Ring aufeinander. Es kam zu Messerstechereien, Wurfgeschossen aus Backsteinen, Angriffen mit brennenden Fackeln und brutalen Gewaltausartungen. Hakenkreuzflaggen wurden heruntergerissen und zerstört. Die Demonstrationen wurden auch am darauffolgenden Tag, Dienstag dem 31. Januar 1933, weiter fortgeführt.

Die kommunistischen und SPD-nahen Demonstrant*innen wurden in der Tageszeitung als „Untermenschen [und] Tiere“ (Schütz, 2000, S. 112) diffamiert. Auf der anderen Seite wurde die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler von der NSDAP mit großem Jubel empfangen. Der NSDAP-Kreisleiter Werner Best bezeichnete die aktuellen Vorgänge als „Sieg der Vernunft“ (Schütz, 2000, S. 112). Am 27. Februar wurde im Zuge des Rosenmontagsumzuges Kritik an der NSDAP und Hitler durch einen Karnevalswagen geübt. Durch die Reichstagswahl am 5. März 1933 – die schon nicht mehr unter demokratischen Bedingungen stattfand – erlangte die NSDAP mit Hitler an der Spitze reichsweit die absolute Mehrheit. In Mainz stimmten bei dieser Wahl 35,4% der Wahlberechtigten für die NSDAP. Am 7. März wurde auf dem Stadthaus und an einigen Schulen die Hakenkreuzfahne gegen den Willen des Mainzer Oberbürgermeisters Erhard angebracht. Am 13. März verabschiedete der hessische Landtag ein hessisches „Ermächtigungsgesetz“. In Mainz wurde Ende März der Oberbürgermeister Erhard seines Amtes enthoben und durch den Nationalsozialisten Philipp Wilhelm Jung ersetzt. Unmittelbar nach der nationalsozialistischen ‚Machtergreifung‘ begann die Ausgrenzung und Verfolgung politischer Gegner*innen. Dadurch sollte die NS-Diktatur stabilisiert und etabliert werden.


Literaturhinweise:

Arenz-Morch, Angelika: Der (un)aufhaltsame Aufstieg des Nationalsozialismus – von der „Machtergreifung“ zur Errichtung der Diktatur, in Berkessel, Hans & Meyer, Hans-Georg (Hrsg.), Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, Mainz 2000 („Eine nationalsozialistische Revolution ist eine gründliche Angelegenheit.“, Bd. 1), S. 69–81.

Brüchert, Hedwig: Demokratie ohne Demokraten – Krise und Zerstörung der Weimarer Republik und die Anfänge des Nationalsozialismus auf dem Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz, in: Berkessel, Hans & Meyer, Hans-Georg (Hrsg.), Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, Mainz 2000 („Eine nationalsozialistische Revolution ist eine gründliche Angelegenheit.“, Bd. 1), S. 17–30.

Schütz, Friedrich: Der 30. Januar 1933 – „Machtergreifung“ im Alltag am Beispiel der Stadt Mainz, in: Berkessel, Hans & Meyer, Hans-Georg (Hrsg.), Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, Mainz 2000 („Eine nationalsozialistische Revolution ist eine gründliche Angelegenheit.“, Bd. 1), S. 108–113.

Teske, Frank: Nationalsozialistische Machtübernahme und „Gleichschaltung“ in Mainz, in: Stadt Mainz (Hrsg.): Der Nationalsozialismus in Mainz 1933–14. Terror und Alltag (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 36), Mainz 2008.


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