Das Ghetto Theresienstadt wurde als Konzentrations- und Durchgangslager für insgesamt über 140.000 jüdische Menschen genutzt. Das KZ Theresienstadt hatte innerhalb des nationalsozialistischen Lagersystem eine gewisse Sonderstellung, da es als eine Art Vorzeigelager galt und in der NS-Propaganda als Altersdomizil präsentiert wurde. Über 30.000 der nach Theresienstadt deportierten Menschen starben an den menschenunwürdigen Bedingungen in diesem Lager, über 70.000 wurden von dort aus in Vernichtungslager deportiert und dort ermordet.
Die alte Festungsanlage Theresienstadt (Terezín) wurde im Juni 1940 als Polizeigefängnis der Prager Geheimen Staatspolizei genutzt, ehe sie im September 1941 in ein Ghetto umgewandelt wurde. Dieses Ghetto wurde als Konzentrations- und Durchgangslager für insgesamt über 140.000 jüdische Menschen genutzt. Nach der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 begann man vermehrt jüdische Menschen, die zu diesem Zeitpunkt über 65 Jahre alt waren, Verwundete aus dem Ersten Weltkrieg, nicht-jüdische Frauen aus ,Mischehen‘ und sogenannte ,Geltungsjuden‘ nach Theresienstadt zu deportieren. Das Ghetto und Konzentrationslager Theresienstadt hatte innerhalb des nationalsozialistischen Lagersystem eine gewisse Sonderstellung, da es als eine Art Vorzeigelager galt. So drehten die Nationalsozialisten dort noch 1944 einen Propagandafilm mit dem Titel „Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“, der zumeist unter dem Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ bekannt ist. Darin wurde Theresienstadt als Altersdomizil präsentiert, in dem gerade alte Jüdinnen*Juden im Krankheitsfall Pflege erhielten. Besonders zynisch war, dass die Menschen vor ihrer Deportation sogenannte ‚Heimeinkaufsverträge‘ abschließen mussten. Damit entzogen die Nationalsozialisten den jüdischen Menschen ihr letztes Vermögen und suggerierten zugleich, dass der bevorstehende Transport keine Deportation, sondern eine ‚Umsiedlung‘ sei. Bei der Weigerung eines Vertragsabschlusses wurde den Juden*Jüdinnen durch die Gestapo mit einem ,Osttransport‘, also einer Deportation in ein Konzentrations- oder Vernichtungslager in das besetzte Polen, gedroht.
Die nach Theresienstadt Deportierten fanden dort jedoch kein Vorzeigelager vor, sondern vielmehr menschenunwürdige, unzumutbare Bedingungen in Massenunterkünften und mit unzureichender Ernährung. Das Lager, das unter dem Kommando der SS stand, wurde im Juni 1944 von einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes besucht, wofür man zu Propagandazwecken spezielle Cafés, Geschäfte und eine Bank errichtet hatte. Auch Kindergärten und Grünanlagen waren zu diesem Zweck geschaffen worden; Kulturveranstaltungen wie Konzerte aufgeführt. Um zudem den Eindruck einer Überbevölkerung zu verhindern, wurden in den Wochen vor dem Besuch viele Menschen deportiert, unter anderem in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz.
Aus Mainz wurden am 27. September 1942 461 Menschen über Darmstadt nach Theresienstadt deportiert; am 10. Februar 1943 folgten nochmals 18 und am 10. Januar 1944 zwei Mainzer*innen.
Über 30.000 der nach Theresienstadt deportierten Menschen starben an den menschenunwürdigen Bedingungen in diesem Lager, über 70.000 wurden von dort aus in Vernichtungslager deportiert und dort ermordet.
Im April 1945 übernahm für etwa zwei Wochen das Internationale Rote Kreuz die Verantwortung für Theresienstadt, ehe sie diese am 9. Mai 1945 an die Rote Armee übergab. Auch nach der Befreiung Theresienstadts starben hier noch viele der ehemaligen Häftlinge an den Folgen der Unterversorgung und an Seuchen, einige mussten aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes bis zum 17. August 1945 in Theresienstadt bleiben, ehe sie in ihre Heimat zurückkehren konnten.
Literaturhinweise:
Adler, H. G.: Theresienstadt. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft 1941–1945, Göttingen 2005.
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Benz, Wolfgang: Theresienstadt: Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung, München 2013.
Blodig, Voitěch: Überleben in Theresienstadt. In: Institut Terezinské iniciativy, URL: <https://www.holocaust.cz/ueberleben-in-theresienstadt/> [aufgerufen am 01.07.2024].
Brüchert, Hedwig: Nationalsozialistischer Rassenwahn. Entrechtung, Verschleppung und Ermordung der Mainzer Juden, Sinti und geistig behinderten Menschen, in: Stadt Mainz (Hrsg.): Der Nationalsozialismus in Mainz 1933–45. Terror und Alltag (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd 36), Mainz 2008, S. 79–92.
Trimmel, Gerald: „Gefilmte Lügen“. Der Theresienstadt-Propagandafilm von 1944 im Kontext der NS-Filmpropaganda, in: filmarchiv (2003), H. 7, S. 42–47.
,Heimeinkaufsverträge‘. In: Ghetto Theresienstadt, URL: <https://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/h/heimeinkauf.htm> [aufgerufen am 01.07.2024].
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