Johanna Wolff und Pauline Müller


Pauline Müller © privat



Johanna Wolff, geb. Feibelmann:

  • geboren am 21. Juni 1877 in Mannheim
  • Deportiert nach Theresienstadt am 27. September 1942
  • Gestorben am 26. Dezember 1942

Pauline Müller, geb. Feibelmann:

  • geboren am 20. November 1874 in Mannheim
  • Deportiert nach Theresienstadt am 27. September 1942
  • Gestorben am 7. April 1943

Der „Aufbau“

Der „Aufbau“ war eine deutsch-jüdische Zeitung, die im Zeitraum von 1934 bis 2004 in New York erschien. Aus finanziellen Gründen wurde sie im Jahr 2004 nicht mehr verlegt, allerdings wurden die Rechte Ende 2004 an die Jüdische Medien AG, die in Zürich ansässig ist, verkauft und die Zeitung erschien ab Februar 2005 unter dem neuen Namen „Aufbau. Das jüdische Monatsmagazin“ wieder. Zehn Jahre vor dem erstmaligen Erscheinen des „Aufbaus“, 1924, wurde in New York durch jüdische Einwanderer*innen der „German Jewish Club“ gegründet. 1934 erschien dann erstmals ein Mitteilungsblatt des Clubs: die erste Ausgabe des „Aufbaus“. Während die Zeitung zunächst Artikel über die jüdische Kultur oder auch Mitteilungen des Clubs enthielt, ging sie mit der Zeit dazu über die internationalen Ereignisse und die Situation der Jüdinnen*Juden in Nazi-Deutschland zu thematisieren. Zudem wurden im „Aufbau“ auch nützliche Hinweise für jüdische Geflüchtete veröffentlicht. Der „Aufbau“ wurde so eine bedeutende Exilpresse gegen den Nationalsozialismus. Bekannte Autor*innen, die darin Artikel veröffentlichten, waren beispielsweise Hannah Arendt, Albert Einstein oder auch Thomas Mann. Von September 1944 bis September 1946 druckte die Zeitung Listen der Überlebenden der Shoah sowie Listen der Opfer. In ihrer Funktion als Exilpresse druckte die Zeitung auch Todesanzeigen von ermordeten Jüdinnen*Juden. So erschien dort am 14. September 1945 eine Todesanzeige für die beiden Schwestern Johanna Wolff und Pauline Müller, die von den Geschwistern Recha und Ernst aufgegeben worden war. (Die Schwestern Johanna Wolff und Pauline Müller waren am 27. September 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Johanna wurde dort am 26. Dezember 1942 und Pauline am 7. April 1943 ermordet.)


Johanna Feibelmann, genannt Anna, war das dritte von sechs Kindern der Eheleute Samuel und Amalie Feibelmann und kam am 21. Juni 1877 in Mannheim zur Welt. Zwei ihrer Schwestern starben bereits im Kindesalter und wurden dort auf dem Jüdischen Friedhof begraben. Ihr Vater betrieb ein eigenes Geschäft für Landesprodukte, Getreide und Mehl in der Mannheimer Innenstadt.

Im Februar 1904 heiratete Anna in ihrer Heimatstadt den 19 Jahre älteren Witwer Salomon Wolff, genannt Sally. Er stammte ursprünglich aus Bochum, war dort 1858 geboren worden, lebte aber schon lange in Mainz. Hier betrieb er eine eigene Herren- und Knabenkleiderfabrik in der Alten Universitätsstraße 23, in der auch sein Schwager Albert Blumenthal arbeitete. Aus der Ehe von Anna und Sally gingen keine Kinder hervor.

Die Wolffs wohnten zunächst in der Kaiserstraße 90 und zogen 1914 in die Rheinallee 5. Sally hatte sich bereits aus dem Berufsleben zurückgezogen, als er 1930 mit 72 Jahren starb. Er ist auf dem Neuen Jüdischen Friedhof Mainz beerdigt. Anna zog im Jahr 1934 in die Rheinallee 8 um, nicht weit von ihrer bisherigen Wohnung.

Foto: HdE

Johannas älteste Schwester Pauline, von der Familie Paula genannt, war am 20. November 1874 in Mannheim zur Welt gekommen. Als sie 1902 den 12 Jahre älteren Weinhändler Hugo Müller heiratete, zog sie zu ihm nach Würzburg. Auch diese Ehe blieb kinderlos. Hugo starb 1924 mit 62 Jahren. Vielleicht war er schon länger krank gewesen, denn bereits 1917 hatte er seine Weingroßhandlung auf dem Haugerring 15 an seinen Schwager Ernst Feibelmann übergeben, den jüngeren Bruder von Johanna und Pauline, der bereits seit zehn Jahren dort arbeitete.

Einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes, im Juni 1933, zog Pauline zu ihrer Schwester Johanna nach Mainz in die Rheinallee. Vielleicht hatte sie bis dahin mit ihrem Bruder in der Weingroßhandlung zusammengearbeitet. Über die gemeinsamen Mainzer Jahre der beiden Schwestern sind keine Details bekannt aber sie werden, wie alle Mainzer Jüdinnen*Juden, zahlreiche Ausgrenzungen und Anfeindungen erlebt haben.

Die Nazis zwangen beide nach der Einrichtung sogenannter ‚Judenhäuser‘, zunächst in die Adam Karrillon-Straße 13 umzuziehen. Dort stand ihnen nur ein Zimmer zur Verfügung, in dem sie notdürftig untergebracht waren. Nachdem die erste große Deportation der Mainzer Juden im März 1942 nach Piaski/Polen erfolgt war und die ‚Judenhäuser‘ umbelegt wurden, mussten sie erneut umziehen, diesmal in die Adam-Karrillon-Straße 54. Von dort wurden sie am 27. September 1942 mit zumeist älteren und kranken Menschen nach Theresienstadt deportiert. Aufgrund der menschenunwürdigen Bedingungen der Unterkunft, des beständigen Hungers und der fehlenden medizinischen Versorgung kam Johanna Wolff dort am 26. Dezember 1942 im Alter von 66 Jahren ums Leben. Ihre Schwester Pauline starb am 7. April 1943 mit 69 Jahren.

Ihre Geschwister Recha und Ernst hatten noch 1941 mit ihren Familien über Portugal in die USA fliehen können. Am 14. September 1945 veröffentlichten sie im New Yorker „Aufbau“ eine Todesanzeige, nachdem sie vom Schicksal ihrer Schwestern erfahren haben. Überlebende Angehörige erinnerten an Johanna Wolff auch, indem sie ihren Namen später auf dem Grabstein ihres Mannes Sally hinzusetzten.


Verfasserin: Renate Knigge-Tesche

Redaktionelle Bearbeitung: HdE



Literaturhinweise:

Grabnummern des Jüdischen Friedhofs Mannheim für Lucie Feibelmann (B1-KGr-C-07), Ernsts Zwillingsschwester, und Auguste Feibelmann (B1-B-04-03).

Heiratsregister Wolfhagen 1886, Nr. 21 Heirat mit Hermine Speyer-Ofenberg. Sallys Wohnort wird damals schon mit Mainz angegeben. Hermine Wolff ist auch auf dem Neuen Jüdischen Friedhof Mainz beerdigt, sie starb 1901.

Heiratsregister Mannheim 1904, Nr. 124 Heirat mit Johanna Feibelmann.

Heiratsregister Mannheim 1902, Nr. 127 Heirat mit Pauline Feibelmann.

Stadtarchiv Mainz, Adressbücher 1898 – 1940

Stadtarchiv Mainz, Nachlass Oppenheim 51,20 (undatierte Liste der Belegung der Mainzer „Judenhäuser“ – dürfte ab Januar 1942 erstellt worden sein, vor der ersten großen Deportation im März).

Stadtarchiv Mainz, Deportationsliste vom 27.9.1942 nach Theresienstadt.

Mannheimer Adressbuch 1899 Eintrag zu als alleiniger Inhaber der „Samuel Feibelmann –Landesproduktenhandlung, Agenturen, Getreide und Mehl“ in H9,1

Sterberegister Mainz 1930, Bd. 1, Nr. 344. Sally Wolff starb in seiner Wohnung und ist auf dem Neuen Jüdischen Friedhof Mainz beerdigt (Feld 11, Reihe 1, Nr. 3). Auf seinem Grabstein haben offenbar überlebende Angehörige seine Frau später mit aufgenommen. Text: Anna Wolff, geb. 21. Juni 1877, gest. 1942 im KZ.

Marchivum Meldekarte Samuel Feibelmann über 4 Kinder: Paula, Anna, Recha und Ernst (zwischen 1875 und 1885 geboren)

Online Archiv des „Aufbaus“: https://archive.org/details/aufbau

o. V.: „Aufbau“ nur noch im Netz. New Yorker Emigrantenzeitung, 12.04.2004, URL: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/new-yorker-emigrantenzeitung-aufbau-nur-noch-im-netz-a-294988.html [aufgerufen am 19.01.2022].



Foto: HdE

Die Stolpersteine für Johanna Wolff und Pauline Müller wurden am 5. Juli 2021 in der Rheinallee 8 verlegt.

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