Franz Maximilian und Ernst Joseph Carlebach


Franz Maximilian Carlebach

  • geboren am 2. September 1883 in Mainz
  • Am 14. März 1942 im KZ Sachsenhausen ermordet

Ernst Joseph Carlebach

  • geboren am 27. Juni 1888 in Mainz
  • Am 20. Oktober 1941 in Wiesbaden verstorben


Die Brüder Franz Maximilian und Ernst Joseph Carlebach waren die Söhne von Lambert Friedrich und Anna Carlebach, geborene Hirsch. Friedrich Carlebach war Jurist: Er praktizierte als Rechtsanwalt und trug den Ehrentitel „Justizrat“.

Franz Maximilian Carlebach wurde am 2. September 1883 in Mainz geboren. Er besuchte ab Herbst 1892 das „Großherzogliche Herbst-Gymnasium“ (also das altsprachliche Gymnasium an der Kaiserstraße, jetzt Rabanus-Maurus-Gymnasium) und begann anschließend ein Jurastudium. Die Anwaltsstation seiner Referendarzeit absolvierte er in der Kanzlei des Vaters. Im Dezember 1912 bestand er die 2. Staatsprüfung und ließ sich als Anwalt nieder. Seit Februar 1928 war er auch bei der Kammer für Handelssachen in Worms zugelassen. Sein Büro hatte er zuletzt in der Hinteren Bleiche 65.

Der jüngere Bruder Ernst Joseph Carlebachwurde am 27. Juni 1888 in Mainz geboren. Wie sein Bruder studierte er Rechtswissenschaft und legte im Oktober 1920 die Assessorprüfung ab. Er zog den Staatsdienst dem freien Beruf vor und erhielt 1924 eine Planstelle als Staatsanwalt beim Amtsgericht Worms. Schon ein Jahr später wurde er Amtsgerichtsrat beim Amtsgericht Höchst (im Odenwald), konnte aber im Dezember 1926 zurück in seine Geburtsstadt Mainz und amtierte dort wieder als Staatsanwalt beim Amtsgericht. Im Oktober 1926 hatte er Berta Wilhelmine Todt geheiratet.

Die Brüder Carlebach wohnten beide in der 1895 erbauten architektonisch herausragenden Gründerzeit-Villa, die früher die genannte Anschrift trug – Franz im Erdgeschoss, Ernst im 2. Stock. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, nur ein Teil der Außenmauern blieb erhalten. Später errichtete man auf dem Grundstück ein schmuckloses 6-geschossiges Wohn- und Geschäftshaus, die Adresse lautet heute Taunusstraße 3.


Das Wohnhaus der beiden Brüder Carlebach (© Stadtarchiv Mainz, BPSF 772c)

Nach der ‚Machtübernahme‘ der Nationalsozialisten, verlor Franz Maximilian Carlebach Ende November 1938 seine Zulassung, als alle noch verbliebenen jüdischen Anwälte von den Nationalsozialisten mit einem Berufsverbot belegt wurden. Mitglied der jüdischen Gemeinde war er zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr: Schon während seiner Ausbildung war er im Jahre 1906 zur evangelischen Religion konvertiert. Nach der ‚Machtübernahme‘ der Nationalsozialisten wurde er Mitglied des im Juli 1933 gegründeten „Reichsbundes christlich-deutscher Staatsbürger nichtarischer oder nicht rein-arischer Abstammung e. V.“, ab Oktober 1934 „Reichsverband nichtarischer Christen“.

Im November 1941 wurde er aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen verhaftet und in das KZ Sachsenhausen deportiert, wo er die ersten Wochen im „Krankenbau“ verbrachte. Mitte Dezember wurde er aus dem Krankenbau entlassen. Drei Monate später, am 14. März 1942, verstarb er. Im Sterbebuch des Standesamtes Oranienburg sind als Todesursache „Herzschwäche“ und als Grundleiden „Ruhr“ vermerkt. Ob er wirklich an diesen Ursachen verstarb oder ermordet wurde, ist leider nicht mehr nachzuvollziehen.

Am 30. März 1933 hatten die Nationalsozialisten bereits Ernst Joseph Carlebach – wie viele andere Jüdinnen*Juden auch – aufgrund einer „nichtarischen Herkunft“. In dem „Fragebogen zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ hatte er in der Spalte „Konfession (auch frühere)“ vermerkt: „evang. (jüdisch, dann konfessionslos, dann ab 1913 evang.)“. Er wurde zunächst nicht in den Ruhestand versetzt, sondern „bis auf weiteres beurlaubt“ und behielt das Amt, ohne es auszuüben. Im Januar 1934 wurde er sogar zum Amtsgerichtsrat ernannt, auch diese Stelle trat er nie an. Als Folge der „Nürnberger Gesetze“ erfolgte mit Wirkung zum 31. Dezember 1935 die endgültige Versetzung in den Ruhestand.

Im Mai 1940 beantragte er die Genehmigung einer Wohnsitzverlegung nach den beamtenrechtlichen Vorschriften, da er beabsichtige, mit seiner Frau nach San Domingo (Dominikanische Republik) auszuwandern. Eineinhalb Jahre später, am 20. Oktober 1941, verstarb er in Wiesbaden.

Seine Witwe Berta wandte sich im April 1946 an den Präsidenten des Landgerichts Mainz und bat um eine „Bescheinigung“, dass ihr Mann aufgrund der „Nürnberger Gesetze“ entlassen worden war. In ihrem Brief heißt es, er sei durch die Entlassung und „insbesondere durch das Tragen des Judensterns derart seelisch mitgenommen“ gewesen, dass er „daraufhin schwer erkrankte und … verstarb“. In einer an den Minister der Justiz gerichteten Stellungnahme des Landgerichtspräsidenten vom 23. Februar 1949 wird dem entgegengehalten, dass Carlebach „kränklich“ gewesen und „dementsprechend in verhältnismäßig jungen Jahren eines natürlichen Todes verstorben“ sei. Wiedergutmachungsansprüche der Witwe seien nach aktueller Gesetzeslage unbegründet.


Seit dem 6. Juli 2020 erinnern Stolpersteine in der Taunusstraße 3 an die beiden Brüder Carlebach.

Text: Tillmann Krach

Redaktionelle Bearbeitung: HdE



Literaturhinweise:

Krach, Tillmann: Die Verfolgung und Ermordung der Mainzer Anwälte jüdischer Herkunft, In: Vereinfür Sozialgeschichte Mainz e. V. (Hg.): Mainz, Wiesbaden und Rheinhessen in der Zeit des Nationalsozialismus (Mainzer Geschichtsblätter, H.12) Mainz 2000, S. 7–26.

Rechtsanwaltskammer Koblenz (Hg.): „ … fühlte ich mich durchaus als Deutscher …“ – Das Schicksal der Mainzer Anwälte jüdischer Herkunft nach 1933, Köln 2007.



Die Stolpersteine wurden am 6. Juli 2020 in der Taunusstraße 3 verlegt.

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