Familie Wallach


Hanna Anna Wallach, geborene Israel (© Yad Vashem)

August Abraham Wallach

  • geboren am 25. September 1861 in Linz am Rhein
  • deportiert 1942; ermordet am 10. Januar 1943 in Theresienstadt

Jenny Wallach, geb. Marxsohn

  • geboren am 4. Juli 1872 in Groß-Gerau
  • deportiert 1942; ermordet am 20. April 1944 in Theresienstadt


Friedrich Wallach

  • geboren am 29. November 1899 in Mainz
  • Flucht 1938 nach England; interniert in Kanada; überlebt

Hanna Anna Wallach, geb. Israel

  • geboren am 16. November 1906 in Hannover
  • ermordet 1942 im besetzten Polen

Edgar Wallach

  • geboren am 28. Mai 1938 in Mainz
  • ermordet 1942 im besetzten Polen

Deportation jüdischer Mainzer*innen im September 1942

Im Jahr 1942 fanden drei Massendeportationen von jüdischen Mainzer*innen statt. Am 25. März 1942 wurden über 1.000 hessische Jüdinnen*Juden von Darmstadt in das Ghetto und Durchgangslager Piaski bei Lublin (in Ostpolen) deportiert; unter ihnen auch 467 Mainzer*innen. Im September 1942 fanden zwei weitere Deportationen statt: am 27. und am 30. September. Zuvor wurden die jüdischen Mainzer*innen in der Turnhalle der Goetheschule gesammelt. Von der Geheimen Staatspolizei war die Jüdische Gemeinde Mainz dazu aufgefordert worden, in dieser Turnhalle ein Matratzenlager einzurichten und die Verpflegung der Menschen zu organisieren. Gerade jüdische Menschen, die in sogenannten ‚Mischehen‘ lebten, mussten als Helfer*innen fungieren. Von der Goetheschule aus wurden die gesammelten Menschen auf Lastwagen zum Güterbahnhof in der Mombacher Straße gebracht. Sie durften lediglich ein kleines Handgepäckstück mitnehmen; kein Geld und keine Wertgegenstände. Auf einem Pappschild, das sie bei sich tragen mussten, war ihr Name und eine Nummer vermerkt.
Am 27. September wurden 453 jüdische Mainzer*innen in das Ghetto und Konzentrationslager Theresienstadt bei Prag in der damaligen Tschechoslowakei abtransportiert. Nur wenige von ihnen konnten überleben und kehrten nach 1945 in ihre Heimatstadt zurück. Drei Tage später, am 30. September wurden weitere 883 Jüdinnen*Juden aus Hessen – darunter 178 Jüdinnen*Juden aus Mainz – nach Polen, vermutlich in die Vernichtungslager Treblinka oder Auschwitz deportiert. Von diesen Menschen gelangte keinerlei Nachricht mehr in ihre Heimat; sie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Lagern ermordet.


August Abraham Wallach, geboren am 25. September 1861 in Linz am Rhein und von Beruf Kaufmann, betrieb ab 1894 in Mainz gemeinsam mit seinem Partner Feist eine Bürsten- und Pinselfabrik in der Mittleren Bleiche 40. Zwei Jahre später, nachdem er sich eine sichere Existenz aufgebaut hatte, heiratete er die 24-jährige Jenny Marxsohn aus Groß-Gerau (geboren am 4. Juli 1872). Das Paar hatte vier Kinder: Wilhelm Ludwig (geboren am 15. Juni 1897 in Mainz), Ida Bertha (geboren am08. September 1898 in Mainz), Friedrich (geboren am 29. November 1899 in Mainz) und Ernestine (geboren am 17. April 1902 in Mainz). Die Firma von August Abraham Wallach zog mehrmals um, bis sie 1905 in der Rheinallee 109, wo sich auch die Wohnung der Familie befand, für lange Jahre ihren Standort fand.

Nach der ‚Machtübernahme‘ durch die Nationalsozialisten musste August Wallach die Firmenräume sowie die Wohnung aufgeben. Er und seine Frau zogen in die Rheinstraße 55 in den 2. Stock, wo auch die verkleinerte Firma (Gebrüder Wallach, Tierhaare und Pflanzenfasern) noch im Adressbuch genannt wird. Ab dem 1. Januar 1939 war Jüdinnen*Juden dann das Führen von Geschäften und Unternehmen vollständig untersagt.
Nach Kriegsbeginn mussten August und Jenny Wallach die Wohnung in diesem Haus verlassen. Zuletzt waren sie in einem Haus in der Breidenbacher Straße 25 einquartiert, das nun als jüdisches Altersheim diente und völlig überfüllt war.
Am 27. September 1942 wurden August Wallach, 81 Jahre alt, und Jenny Wallach, 70 Jahre alt, zusammen mit zahlreichen anderen alten Menschen aus Mainz nach Theresienstadt deportiert. Dort starb August Wallach am 10. Januar 1943, seine Frau Jenny am 20. April 1944.


Deportationsliste vom 27. September 1942, auf der unter den Nummern 798 und 799 August und Jenny Wallach aufgeführt sind (Stadtarchiv Mainz, NL Oppenheim)

Friedrich (Fritz) Wallach, geboren am 29. November 1899 in Mainz, war das dritte Kind von August Abraham und Jenny Wallach. Er wurde Kaufmann wie sein Vater. Bis zu seiner Eheschließung wohnte er bei seinen Eltern, zuletzt in der Rheinstraße 55. 1937 heiratete er Hanna Israel aus Hannover. Das Paar wohnte nun in der Rheinstraße 24. Ihr Sohn Edgar wurde am 28. Mai 1938 in Mainz geboren. Nachdem Friedrich als Jude seinen Arbeitsplatz verloren hatte, floh er 1938 nach England, wo er eine Stelle als Buchhalter fand. Doch bevor er seine Frau Hanna und seinen Sohn Edgar nachkommen lassen konnte, brach der Krieg aus. Friedrich wurde als ‚feindlicher Ausländer‘ in England interniert und nach Kanada in ein Lager verbracht, wo er den ganzen Krieg über bleiben musste. Seine Frau Hanna und ihr Sohn Edgar mussten zwangsweise in ein sogenanntes ‚Judenhaus‘ in der Adam-Karrillon-Straße 54 umziehen. Hier mussten sie mit 41 weiteren jüdischen Mainzer*innen auf engstem Raum zusammenwohnen.


Deportationsliste vom 30. September 1942, auf der unter den Nummern 773 und 774 Anna und Edgar Wallach aufgeführt sind (Stadtarchiv Mainz, NL Oppenheim)

Hanna Wallach gelang es nicht, rechtzeitig die notwendigen Auswanderungspapiere für sich und ihr Kind zu erhalten. Sie wurde mit dem vierjährigen Edgar am 30. September 1942 nach Polen in ein Vernichtungslager deportiert und ermordet. 1953 ließ Friedrich Wallach, der in Kanada den Zweiten Weltkrieg überleben konnte, in Yad Vashem ein Gedenkblatt für seine Frau Hanna und den Sohn Edgar einrichten.

Zu der Verlegung der Stolpersteine am 15. Oktober 2015 reiste der Enkel von August und Jenny Wallach, Henry Strauss, aus den USA an. Er hatte die Verlegung der Stolpersteine angeregt und sprach während der Zeremonie ein Kaddisch (Totengebet) für seine ermordeten Angehörigen.


Henry Strauss, der Enkel von August und Jenny Wallach, bei der Stolpersteinverlegung 2015
Foto: HdE


Verfasserin: Dr. Hedwig Brüchert

Redaktionelle Bearbeitung: HdE



Literaturhinweise:

Brüchert, Hedwig: Nationalsozialistischer Rassenwahn. Entrechtung, Verschleppung und Ermordung der Mainzer Juden, Sinti und geistig behinderten Menschen, in: Stadt Mainz (Hrsg.): Der Nationalsozialismus in Mainz 1933–45. Terror und Alltag (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 36), Mainz 2008, S. 79–92.

Verein für Sozialgeschichte Mainz e. V. (Hrsg.): Stadtführer. Auf den Spuren des Nationalsozialismus durch Mainz (Sonderheft der Mainzer Geschichtsblätter, Mainz 2002.




Foto: HdE

Die Stolpersteine für Friedrich, Hanna und Edgar Wallach wurden am 15. Oktober 2015 in der Rheinstraße 24 verlegt.


Foto: HdE

Die Stolpersteine für August Abraham und Jenny Wallach wurden am 15. Oktober 2015 in der Rheinstraße 55 verlegt.

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