- Am 25. November 1882 in Hechtsheim geboren
- 1942 deportiert
- vermutlich in Treblinka ermordet
David Kapp war am 25. November 1882 in der damals selbständigen Gemeinde Hechtsheim bei Mainz geboren worden. Seine Eltern waren der Handelsmann Emanuel Kapp und dessen Frau Mathilde, geborene Schlösser. Während die Mutter aus Sörgenloch stammte, war der Vater gebürtiger Hechtsheimer. Seit vier Generationen waren die Kapps in Hechtsheim ansässig, seit David Kapps Urgroßvater Benjamin, aus Weisenau kommend, 1814 im Dorf eingebürgert worden war. Etliche Mitglieder der weit verzweigten Familie waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Viehhändler tätig gewesen.
Neben David hatten Emanuel und Mathilde Kapp zwei weitere Kinder: die 1880 geborene Johannette und den 1885 geborenen Karl. Johannette heiratete 1906 den Metzgermeister Hugo Mayer aus Ober-Ingelheim und zog dorthin. Karl starb 1916 als Soldat im Ersten Weltkrieg mit 31 Jahren. Das Haus in der Mainzer Straße 8 – heute: Alte Mainzer Straße 8 – war elterlicher Besitz und ging nach dem Tod des Vaters 1928 an den Sohn David über. Die Mutter war bereits 1917 verstorben. Mit dem Haus hatte David Kapp auch das kleine Textil- und Kurzwarengeschäft des Vaters übernommen und verdiente seinen Lebensunterhalt teils auch durch Hausieren, eine in damaliger Zeit gerade auf dem Land weit verbreitete Form des Warenverkaufs. Im Mai 1931, einer wirtschaftlich sehr schweren Zeit, bot David Kapp im „Hechtsheimer Anzeiger“ auch „1a junges Ochsenfleisch“ aus Hausschlachtung zum Verkauf an.
Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernommen hatten, musste David Kapp in den Folgejahren alle Demütigungen und Schikanen ertragen, mit denen die Nationalsozialisten die Jüdinnen*Juden drangsalierten und unter ständige Kontrolle stellten; in einer kleinen Gemeinde mehr noch als in der Stadt.
Gleichwohl versorgte David Kapp noch bis in die ersten Kriegsjahre seinen Acker und Garten in der Gemarkung, nicht zuletzt der Not der Selbstversorgung geschuldet. In der Pogromnacht des 9./10. November 1938 wurde auch sein Haus von Nationalsozialisten heimgesucht und weitgehend demoliert. Am Tag danach hielten ihn SA-Männer aus dem Fenster im ersten Stock seines Hauses und erfreuten sich an seiner Angst, unter dem Gejohle Schaulustiger. Niemand griff helfend ein.
Dennoch blieb David Kapp in seinem Haus in der Mainzer Straße – während der NS-Zeit in Adolf-Hitler-Straße umbenannt – wohnen, als nach der Pogromnacht die wenigen noch in Hechtsheim verbliebenen Jüdinnen*Juden fliehen mussten. Die Gemeinde war seine Heimat und die seiner Vorfahr*innen. Von hier aus war sein Bruder Karl „für Volk und Vaterland“ in den Krieg gezogen und hatte sein Leben gelassen. Wie viele jüdische Bürger*innen konnte sich wahrscheinlich auch David Kapp nicht vorstellen, dass Deutschland unter der NS-Herrschaft seinen gewaltsamen Tod im Auge hatte.
Von Hechtsheim aus wurde er über Mainz und Darmstadt am 30. September 1942 deportiert und im Alter von knapp 60 Jahren, vermutlich in Treblinka, ermordet. Auf der Deportationsliste mit 883 Namen steht die zynische Überschrift „Wohnsitzverlegung nach dem Generalgouvernement“. Auch David Kapps Schwester Johannette wurde von Ingelheim aus mit diesem Transport deportiert.
Text: Renate Knigge-Tesche
Redaktionelle Bearbeitung: HdE
Literaturhinweise:
Keim, Anton-Maria: Von Süssel Hechtsheim bis David Kapp (Die Hechtsheimer Juden. Schriftenreihe des Vereins Hechtsheimer Ortsgeschichte, H. IV), Mainz 1994, S. 41–44.
Stadtarchiv Mainz: Adressbücher der Stadt Mainz, ab 1908 inkl. Gemeinde Hechtsheim.
Stadtarchiv Mainz: Best. VOA 12/551, Bürgerregister Hechtsheim 1803–1872, 12/359 fol. 197, 12/40 fol. 18.
Stadtarchiv Mainz: Deportationsliste vom 30. September 1942.
Stadtarchiv Mainz: Geburtenregister Hechtsheim 1880 Nr. 90, 1882 Nr. 115 u. 1885 Nr. 61.
Stadtarchiv Mainz: Heiratsregister Hechtsheim 1906 Nr. 20.
Theresienstädter Gedenkbuch.
Der Stolperstein wurde am 24. Juni 2013 in der Alten Mainzer Straße 8 verlegt.